Aus der Chronik des Turn- und Sportvereins Mittelstreu vom Mai 1974

Wenn in diesen Tagen der Turn- und Sportverein Mittelstreu seine neue, nach modernsten
Gesichtspunkten errichtete Sportplatzanlage in die Obhut der Jugend übergibt und
gleichzeitig das 60-jährige Stiftungsfest begeht, können die rund 210 Vereinsmitglieder , an
ihrer Spitze eine dynamische Vorstandschaft, sowie das gesamte Dorf stolz auf ein
gelungenes Werk sein, das als Zeugnis echten Gemeinschaftsgeistes in weitem Umkreis
Anerkennung findet. Dieser bedeutungsvolle Meilenstein in der Geschichte des rührigen
Vereins gibt begründeten Anlaß, einmal in der Chronik zu blättern, die beredten Aufschluß
gibt, wie die nachfolgenden Generationen mit Mut und Zähigkeit auch die dunklen Zeiten
überstanden und das Vermächtnis jener 23 Männer erfüllten, die am 21. Juli 1913 im
Gasthaus "Zur Linde" den TURNVEREIN MITTELSTREU aus der Taufe hoben.

Das Vereinsgeschehen in den ersten Jahrzehnten
Der Gründungsvorstandschaft gehörten an:
Oskar H e r g e n h a n, 1. Vorstand
Vitus G e n s l e r, 2. Vorstand
Leopold H oc h, Kassier
Michael S e u f f e r t, Schriftführer
Longin BI ü m m, Turnwart
Anton Hoc h, Vorturner
Eduard B ü t t ne r, Zeugwart
Anton R e i c h e r t, Vereinsdiener.
Der Verein trug damals den Namen "Turnverein Mittelstreu". Die ersten Turnstunden
wurden im bescheidenen Rahmen auf dem kleinen Turnplatz am östlichen Dorfgraben
abgehalten. Von Anfang an wurde die Geselligkeit mit in das Vereinsgeschehen einbezogen.
So fand laut Protokollbuch bereits am 28. Dezember des Gründungsjahres 1913 eine
Christbaumverlosung statt. Die "Gegenstände hiezu" wurden aus Meiningen bezogen.
Obwohl die Kasse des jungen Vereins sicherlich noch kein dickes Polster aufwies, stellten
die Turner aus dem Erlös dieser Christbaumverlosung ein kleines Scherflein für die
Restaurierung der Heimatpfarrkirche zur Verfügung. Die Vereinsgebräuche waren zu jenen
Zeiten streng. In der Versammlung vom 1. März 1914 rügte der Turnwart das Verhalten bei
den Turnstunden und beklagte sich, daß verschiedene Mitglieder ohne wichtigen
Entschuldigungsgrund den Turnstunden fernblieben, was "große Stimmung" hervorrief. Dies
führte zu dem spontanen Beschluß, alle Mitglieder, die einer Versammlung oder Turnstunde
ohne Entschuldigung fernblieben, mit einer Strafe von 20 Pfennigen zu belegen. Wer
schuldhaft die Vereinsbeiträge nicht bezahlte, wurde von der 'Mitgliedschaft ausgeschlossen.
In dieser Versammlung wurde auch die "Einverleibung des Vereins zum Fußballklub"
bekanntgegeben und der Kauf eines Fußballes beschlossen.

Das erste Stiftungsfest des Vereins am 14. Juni 1914 wurde am Vorabend eingeleitet mit
einer Pyramidenaufstellung an der Friedenslinde, bengalischer Beleuchtung, Fackelzug zum
Vereinslokal und zünftigem Festkommers. Es sollte dies die erste und für die nächsten Jahre
einzige größere Veranst'altung des jungen Vereins sein. Kurze Zeit später begann der erste
Weltkrieg, der unter den beteiligten Völkern blutige Ernte hielt und auch in die Reihen der
deutschen Turner große Lücken riß.
Sofort beschlossen die Mittelstreuer Turner, ihren Kameraden, die ins Feld ziehen mußten
und von denen später so mancher nicht mehr zurückkehrte, einen ehrenvollen Abschied zu
bereiten. Bis zum Herbst 1914 hatte bereits die Hälfte der Mittelstreuer Turner den Dress mit
der Uniform vertauschen müssen.
Trotzdem ging der Turnbetrieb weiter. Ab Oktober 1914 hielt der Verein auch zweimal
wöchentlich sogenannte Jugendwehrübungen unter der Leitung des Post-Expeditors aus
Unsleben ab, um - wie es im Protokoll heißt - dem Vaterland tüchtige Kämpfer und Streiter
heranzubilden. Die erste vom Verein ausgerichtete Kriegsweihnachtsfeier war dem Ernst der
Zeit angemessen. Der Erlös floß dem Roten Kreuz zu.
Bis zum 16. November 1916 schweigt dann das Protokollbuch. In dieser Versammlung
konnten neue Mitglieder aufgenommen und der auf Heimaturlaub weilende Turnwart Longin
Blümm herzlich begrüßt werden. Die Monatsversammlungen mußten zwangsläufig im
kleinen Kreis abgehalten werden. Sie waren überschattet von der Sorge um die im Felde
weilenden Söhne der Gemeinde.
Man muß sich in Gedanken in die damalige Zeit versetzen, um die in den Protokollen immer
wieder festgehaltenen kernigen und schneidigen "Anreden" treudeutschen Inhalts, die aber
auch von großer Gottesfurcht geprägt waren, richtig zu verstehen. In der Weihnachtszeit des
Kriegsjahres 1917 wartete der Verein mit einer Theaterveranstaltung auf.
Bestrebungen, die auf eine Vereinigung mit dem Katholischen Burschenverein hinzielten,
wurden von den Turnern strikt zurückgewiesen. In der Versammlung vom 19. Dezember
1918 wurde jedoch der Beschluß gefaßt, mit dem Katholischen Burschenverein nach
Möglichkeit bei Veranstaltungen zusammenzuarbeiten und ein gedeihliches Nebeneinander
anzustreben. Als Turnverein wollte man jedoch unter allen Umständen selbständig bleiben.
Ein dankbares Aufatmen über die Beendigung des opfervollen Krieges ging auch durch die
Reihen der Mittelstreuer Turner. Der Gefallenen und Vermißten gedachte man in
Gottesdiensten, den glücklich heimkehrenden Kriegsgefangenen widmeten ihre
Turnkameraden eine Ehrenpforte. Das Protokoll vom 20. Januar 1919 beginnt mit der
freudigen Feststellung "Heute fand die erste ordentliche Versammlung für das Jahr, das die
Welt vielleicht in Frieden rühmen kann, statt". Die in dieser Sitzung getroffene Feststellung,
daß der Turnverein mit Stolz in die Zukunft blicken könne, hat sich erfreulicherweise
bewahrheitet.
Freilich forderte der weitere Aufbau des Vereins nach bitteren Kriegsjahren
Opferbereitschaft und Gemeinschaftsgeist. Mit dem verstärkten Anlaufen des Turnbetriebes
kam auch die Geselligkeit wieder zu ihrem Recht. Am Faschingssonntag des Jahres 1919
wurde ein Fastnachtskränzchen abgehalten, um die Verbundenheit der Mitglieder
untereinander zu fördern. Der 15. Juni 1919 brachte die Ernennung des ersten
Ehrenmitgliedes des Turnvereins Mittelstreu. Die hohe Auszeichnung wurde dem damaligen
1. Vorstand Longin Blümm zuteil, der sich aus privaten Gründen aus dem Verein
verabschieden mußte. Abermalige Bestrebungen, einen Zusammenschluß mit dem
Katholischen Burschenverein zu erreichen, wurden in einer lebhaften Versammlung am
9.August 1919 von den Turnern erneut zurückgewiesen. Zweites Ehrenmitglied des
Turnvereins wurde in Anbetracht seiner besonderen Verdienste, vor allem in den schweren
Kriegsjahren, der langjährige Schriftführer Michael Seuffert, der zu den Gründungsmitgliedern
zählt.
Hervorzuheben ist, daß sich der Turnverein nicht nur im sportlichen Bereich zum Wohle der
Gemeinde betätigte, sondern auch durch die Organisation einer Leihbücherei im Jahre 1920
einen wertvollen kulturellen Beitrag für das Dorf leistete. Die Leihbücherei, die Mitgliedern
und Nichtmitgliedern offenstand, wurde auf die Dauer eines Jahres eingerichtet und ging auf
die Initiative des damaligen Lehrers und Vereins Schriftführers Gottfried Ort zurück.
Der Wunsch nach einer Vereinsfahne wurde laut. Zu diesem Zwecke spendete laut
Protokollbuch ein verschwiegener Gönner 60 Mark. Eine Abteilung für „Turnzöglinge"
wurde gegründet. Erster Zöglings wart war Leo Klein. Der endgültige Beschluß zur
Anschaffung einer Vereinsfahne wurde in einer außerordentlichen Vorstandssitzung am 4.
März 1921 gefaßt und die Fahnenweihe auf den 12. Juni 1921 festgelegt. Die Vorbereitungen für dieses Fest wurden zusammen mit dem Katholischen Burschenverein getroffen, der seinerseits am 29. Mai 1921 Fahnenweihe hatte. Die Bitte der Mittelstreuer Turner an den Nachbarverein Unsleben um Übernahme der Patenschaft wurde gerne erfüllt. Leider enthält das Protokollbuch keinen Bericht über die festliche Fahnenweihe.
Zur damaligen Zeit trug man sich mit dem Gedanken, eine gemeinsame Fußballervereinigung
der Nachbarturnvereine Mittelstreu und Unsleben zu gründen.
Zu einem solchen Zusammenschluß kam es jedoch aus verschiedenen Gründen nicht.
Sein 10-jähriges Stiftungsfest beging der Turnverein Mittelstreu im Rahmen eines großen
Bergturnfestes auf dem Sportplatz am Eiersberg. Noch viele Jahre später bezeichnete der
inzwischen verstorbene Gauvertreter Leonhard Müller (Unsleben) diese turnerische
Großveranstaltung als das schönste und machtvollste Turnfest, das bisher im Rhön-Saale-
Turngau abgehalten wurde.
In der Monatsversammlung vom 26. Juli 1924 wurde aus den Reihen der Mitglieder der Bau
einer Schutzhütte am Eiersberg beantragt. Die Generalversammlung vom 31. Oktober 1925
beschloß die Gründung eines „Turnhallenfonds“. Dieser Fond war für eine Gerätehalle am
östlichen Dorfgraben bestimmt, mit deren Errichtung im Februar 1929 begonnen wurde. Die
benötigten Holzpfosten stellte die Gemeinde zur Verfügung. Im Frühjahr 1929 bildete sich
aus 14 Schülern der Volkshauptschule eine Turnriege. Bis Mai 1929 war die Turnhütte dank
der fleißigen Mitarbeit der Vereinsmitglieder fast fertiggestellt. Die Kosten betrugen sage
und schreibe “circa 114 Mark". Der weitere Plan des Turnvereins, an der Streu in der
1I0beren Au" ein Volksbad zu errichten und zu diesem Zwecke ein Umkleidehäuschen zu
bauen, wird in der Folgezeit im Protokollbuch nicht mehr erwähnt.
Die Initiative des Turnvereins Mittelstreu im kulturellen Bereich zeigte sich weiter in der
Gründung einer Theatergemeinschaft. Eine Reihe interessierter Vereinsmitglieder und
Freunde der schönen Künste verpflichtete sich zum Besuch einer bestimmten Zahl von
Theatervorstellungen im Landestheater Meiningen.
Im Februar 1930 bildete sich innerhalb des Vereins eine Schützenabteilung. Mit Beschluß
vom 27. Juni 1931 erteilte der Turnverein Mittelstreu der Fußballabteilung des
Nachbarvereins Unsleben die Erlaubnis, auf dem Eiersberg ihre Spiele auszutragen.
Interessant hierzu die Feststellung, daß das Spielen in Turnhose ohne Trikot ausdrücklich
verboten war.
Das Dritte Reich warf seine Schatten schon bald auch auf das Geschehen innerhalb desTurnvereins Mittelstreu. Bei Durchsicht des Protokolls über die außerordentliche
Generalversammlung vom 8. April 1933 muß man zwischen den Zeilen lesen, um die
Problematik der damaligen politischen Entwicklung und ihren Einfluß auf das allgemeine
Vereinsleben zu erkennnen. So ist vermerkt, daß für den bisherigen Kassier Leopold
Weinberg, einen Mitbürger jüdischen Glaubens, "eine Wiederwahl ausschied" und die DJK
(eine Sportabteilung des Katholischen Burschenvereins) "aufgehoben wurde".
Zusätzlich brachten die allgemein schlechten wirtschaftlichen Verhältnisse den Turnverein
Mittelstreu in eine unangenehme Zwangslage. Zur damaligen Zeit begann für den Verein
eine substanzzehrende Krise, die ihn bis an den Rand der totalen Auflösung führte. In der
Versammlung vom 13. Januar 1934 berichtete der Vorstand über den Stand der Turnerschaft im Deutschen Reich und gab bekannt, daß alle Vereinsmitglieder zum Turnerbund gemeldet werden müßten. Tatsächlich war jedoch die Mehrzahl der Mitglieder außerstande, die hierdurch erforderlichen höheren Vereinsbeiträge zu bezahlen. Deshalb wurde der Vorschlag der Vorstandschaft gebilligt, nur zehn aktive Mitglieder zum Turnerbund zu melden, um einerseits der Meldepflicht nachzukommen und andererseits den Fortbestand des Vereins nicht in Frage zu stellen. Die damals aus ernster Sorge getroffene Regelung ist aus heutiger Sicht durchaus verständlich, zog aber eine unangenehme Folge nach sich. Da nur wenige Vereinsmitglieder zum Turnerbund gemeldet waren, können heute verschiedene aktiv gewesene Turner für die damalige Zeit keine Ehrung durch überörtliche Verbände erfahren. Nicht ohne Bitterkeit liest man im Protokollbuch, daß einige Mittelstreuer Aktive bei einem Sportfest auf dem Kreuzberg keine Starterlaubnis erhielten, weil der Verein ohne sein Verschulden mit den Beiträgen zum Turnerbund im Rückstand war.
Wahrlich bange und düstere Zeiten kamen in der Mitte der dreißig er Jahre auf den
Turnverein Mittelstreu zu. Daß sie überstanden wurden, ist das Verdienst einer zwar kleiner
gewordenen, doch noch fester in sich verschweißten Gemeinschaft. Das Unvermögen vieler
Mitglieder, die Vereinsbeiträge zu bezahlen, führte dazu, das Weiterbestehen des Vereins
ernsthaft zur Diskussion zu stellen. Auf jeden Fall wollte man die Fußballabteilung erhalten.
Aus ihr wurde eine Sonderabteilung gebildet. Spielführer wurde Turnbruder Alfons Keß
(heute Fladungen) . Die Fußballabteilung hatte ihre eigenen Einnahmen, mußte aber auch
selbst ihre Unkosten bestreiten. Diese Sondergruppe bezeichnete sich als "Fußballverein des
TV Mittelstreu". Sie war damals die einzige Gruppe im Verein, die sich sportlich betätigte.
Sonst war es still, lediglich die Versammlungen wurden abgehalten. Ein Spiegelbild der
damaligen Finanzlage bildet das Protokoll über die Generalversammlung vom 5. Januar
1935. Die Vereinskasse wies neben einem Sparbuchguthaben von 4,56 Mark noch ganze
10,18 Reichsmark aus! Das Jahr 1937 bezeichnet die Chronik des Vereins als "totes Jahr". In der Versammlung vom 16. Januar 1937 zirkulierte eine Liste, in die sich diejenigen
eintrugen, die ein Weiterbestehen des Vereins wünschten und bereit waren, einen einmaligen
Sonderbeitrag von einer Reichsmark zu bezahlen. Erfreulicherweise entschied sich die große
Mehrzahl für die Erhaltung des Vereins und war bereit, hierfür auch ein persönliches
finanzielles Opfer zu bringen. Der Aufstieg aus der Talsohle kam aber beileibe nicht von
heute auf morgen. Die Interesselosigkeit der Mitglieder dauerte trotz vielseitiger Appelle der
damaligen Vereins vorsitzenden Theodor Liebst und Fritz Schille an. Allerdings blieben, wie
das Protokollbuch berichtet, von dieser Entwicklung auch die anderen Turnvereine nicht
verschont. Beim Turnfest in Unsleben im Jahre 1937 waren nur ganze fünf Geräteturner aus
dem gesamten Gau angetreten. Um nutzlose Beiträge zu sparen, meldete sich der Turnverein
Mittelstreu beim Reichssportbund ab. Die Turngeräte wurden bei einem Vereinsmitglied
untergestellt, der Turnbetrieb ruhte völlig. Das allgemein festzustellende Desinteresse an
jeglichem Vereinsgeschehen war nicht zuletzt auf die vielseitige Inanspruchnahme der
Mitglieder durch andere Verpflichtungen, die sich auf Grund der politischen Verhältnisse
ergaben, zurückzuführen.
Die folgenden Seiten des Protokollbuches sind leer. Der zweite Weltkrieg hielt die Menschen
in Atem. Wiederum brachte ein grausames, sinnloses Völkerringen Leid, Tränen, Tod und
Verderben, wiederum mußten auch die deutschen Turner und Sportler einen hohen Blutzoll
bezahlen. Der totale Zusammenbruch, die Sorge um das tägliche Brot und die nackte
Existenz ließen eine Zeitlang jegliches Vereinsleben erstarren.
In diesen Nachkriegswirren konnte das Protkollbuch des TSV Mittelstreu vorerst nicht
aufgefunden werden. Der nächste Eintrag trägt das Datum vom 4. Juni 1949. Er berichtet von
der Generalversammlung mit Rechenschaftsbericht über das Vereinsjahr 1948. Auch jetzt
waren es wieder die Fußballer, die das sportliche Geschehen im Verein in Gang brachten.
Erstmals erscheint auch der neue Vereinsname
„TURN- UND SPORTVEREINMITTELSTREU".
In dieser Generalversammlung wurde Otto Hahn II (über dessen Wahl keine schriftlichen
Aufzeichnungen vorliegen) von Karl Hoffmann als 1. Vorstand abgelöst. 2. Vorstand wurde
Anton Johannes, Kassier Alfred Blümm, Beisitzer und Fußball-Leiter Konrad Saalmüller,
Turnwart Linus Seuffert, Schriftführer Georg May, Vereinsdiener Erwin Reichert.
Der Turnbetrieb und das leichtathletische Training wurden im bescheidenen Rahmen wieder
aufgenommen, und zwar auf dem kleinen Turnplatz am östlichen Dorfgraben. Erstmals nach
vielen Jahren vereinte ein Turnfest auf dem Eiersberg am 28. August 1949 die Mittelstreuer
Turner und Sportler mit ihren Kameraden aus den Nachbarvereinen Oberstreu, Unsleben und Heustreu. Das Fest wurde eingeleitet mit einem musikalischen Weckruf der Dorfkapelle und einer Kirchenparade, an der sich auch der Katholische Burschenverein beteiligte.
Der Bau des Turnerheimes
Der Gedanke an den Bau einer Turnhalle nahm erstmals in der Mitgliederversammlung vom
13. Juli 1949 konkrete Formen an, als nämlich auf Anregung des Turnleiters Leonhard
Müller (Unsleben) beschlossen wurde, den Reinerlös des bevorstehenden ersten
Nachkriegsturnfestes für den Erwerb eines Grundstückes in der Nähe des Dorfes
zurückzulegen und damit den finanziellen Grundstock zu bilden. In der Ausschußsitzung
vom 14. Oktober 1950 leitete die Vorstandschaft - wiederum in Anwesenheit von Leonhard
Müller - erste Verhandlungen über· den Ankauf eines geeigneten Grundstückes mit dem
Vorstand der Flurbereinigungsgenossenschaft ein. Am 7. Juli 1951 wurde ein Bauausschuß
ins Leben gerufen, der aus den Mitgliedern Georg May, Michael Gensler, Konrad
Saalmüller, Markus Gottwalt, Linus Werner, Linus Erhard, Willi Hahn, Karl Träger, August
Ment, Edmund Liebst, Leopold Hoch, Alois Gensler, Sylvester Kern, Karl Blümm und
Severin Greb bestand. Schon eine Woche später begann dieses Gremium mit seiner Arbeit.
Die erste finanzielle Unterstützung kam vom Kreisjugendring Mellrichstadt, der dem
Verein mit 2.000,- DM unter die Arme griff.
Bei der Beratung des Finanzierungsplanes am 9. November 1951 ging man von
Gesamtausgaben in Höhe von 15.030,- DM bei vorhandenen Mitteln in Höhe von
12.530,- DM aus. Die Erhöhung der Vereinsbeiträge auf die Dauer eines halben Jahres
half mit, zur Schließung der Finanzierungslücke beizutragen. Erste Spenden wurden
gezeichnet. Sofort begannen die Abtragungsarbeiten für den Turnhallenbau.
Nach tatkräftigem Arbeitseinsatz der Mitglieder konnte der TSV Mittelstreu, der
zwischenzeitlich auch im Vereinsregister eingetragen worden war, am 4. Mai 1952 die
feierliche Grundsteinlegung in Anwesenheit prominenter Vertreter des Rhön-Saale-
Turngaues; der Kommunalpolitik, der Kirche sowie der Abordnungen fast aller Vereine
der näheren Umgebung begehen. Verbunden mit der Feier war eine schlichte Ehrung der
Opfer beider Weltkriege.
Am 24. August 1952 wehte der Richtbaum über dem neuen Turnerheim. Aus diesem
Anlaß wurde der Brückenweg in "Jahn-Straße" umbenannt. 1. Vorstand Otto Burkard
dankte nach dem Richtspruch des Zimmermannes der politischen Gemeinde, dem
Kreisjugendring Mellrichstadt, dem Baumeister Eugen Mock (Oberstreu), dem
Architekten Philipp Blümm, dem Turngau Rhön-Saale, allen freiwilligen Helfern und
Gönnern, die mit Geld- oder Baustoffspenden zum gutem Gelingen beigetragen hatten.
Anläßlich des 40-jährigen Stiftungsfestes am 13./14. Juni 1953 konnte das inzwischen
im Rohbau nahezu fertiggestellte Turnerheim erstmals benützt werden. Die
Rohbaukosten des 39,00 x 12,50 Meter im Grundriß messenden Gebäudes betrugen
16.285,- DM. Im Jahre 1953 wurde für das Turnerheim eine Schankgenehmigung
erwirkt. Die Einnahmen wurden für die Bestreitung der weiteren Baukosten und die
Unterhaltung des Gebäudes verwendet. Der Endausbau stellte an die Bereitschaft der
Mitglieder zu freiwilligem Arbeitseinsatz nochmals hohe Anforderungen. Fröhliche
Stunden im geselligen Kreis brachten den verdienten Ausgleich. Eine große
Faschingsveranstaltung mit "hauseigenem" Elferrat ist noch heute in bester Erinnerung.
In der Ausschußsitzung vom 24. September 1954 konnte 1. Vorstand Otto Burkard
erfreut feststellen, daß das neue Heim bis auf wenige Kleinigkeiten fertiggestellt war.
Die festliche Einweihung der neuen Jahnturnhalle am Samstag, dem 2. Oktober 1954,
gestaltete sich zu einem bedeutungsvollen Ereignis. Turnerinnen und Turner aus dem
gesamten Rhön-Saale- Tungau hatten sich eingefunden, um mit der Einwohnerschaft
von Mittelstreu und zahlreichen Ehrengästen froh zu feiern. Allseits wurde die
großartige Leistung der Turner in der damals knapp 700 Einwohner zählenden
Gemeinde Mittelstreu hervorgehoben. Nach dem Festhymnus der Ortskapelle stellte der
damalige Ortspfarrer Dechant Ludwig Melzer in den Mittelpunkt seiner Weiheansprache
den Wunsch, daß das neue Heim zur Gesunderhaltung der Jugend an Leib und Seele
beitragen möge. Bürgermeister Franz Guck übergab die Schlüssel an 1. Vorstand Otto
Burkard. Weitere Ansprachen hielten stellv. Landrat Alex Hösl (Nordheim v. d. Rhön),
Bezirksturnwart Walter (Schonungen) und Gauvertreter Leonhard Müller (Unsleben),
ehe die Vorsitzenden der Vereine des Umkreises ihre Glückwünsche entboten. Der Ehrenbriefdes Bayer. Turnerbundes und die Goldene Ehrennadel, die 1. Vorstand Otto
Burkard für seine besonderen Verdienste erhielt, waren gleichzeitig als Auszeichnung
für den gesamten Verein gedacht.
Der TSV Mittelstreu ehrte seine um den Turnhallenbau verdienten Mitglieder im
internen Kreis. In der Generalversammlung vom 8. Januar 1955 brachte 1. Vorstand
Otto Burkard nochmals allen Helfern, Mitarbeitern und Spendern seinen
tiefempfundenen Dank zum Ausdruck und überreichte eine ganze Zahl von
Ehrenurkunden. Nachträglich traf auch ein Staatszuschuß in Höhe von 7.000 DM für das
Turnerheim ein, wie in der Ausschußsitzung vom 18. Februar 1955 dankbar vermerkt
wurde. Den Außenputz der Turnhalle nahm im Laufe des Jahres 1955 der einheimische
Handwerksbetrieb Linus Erhard vor.
Es ist verständlich, daß nach Vollendung des Turnerheimes die kommenden Jahre
weniger hektisch verliefen. Man beschränkte sich im Verein auf die ureigenste
Aufgrabe, nämlich die sportliche Betätigung, die nun auch während des Winters möglich
war. Im Jahre 1961 wurde am Sportplatz auf dem Eiersberg ein massiver Bau mit
Umkleideraum für die Fußballer errichtet.
Das 50-jährige Stiftungsfest
In gebührender Weise feierte der TSV Mittelstreu seinen 50. Geburtstag. Die
Programmfolge begann am Samstag, dem 17. August 1963 mit einem großen Festabend
im Turnerheim unter Mitwirkung der Mittelstreuer Blaskapelle und des Gesangvereins
Unsleben. Otto Burkard begrüßte in seiner Eigenschaft als 1. Bürgermeister der
Gemeinde Mittelstreu und zugleich als 1. Vorstand des TSV die überaus zahlreich
erschienenen Gäste. Er entbot besonders den noch lebenden Gründungsmitgliedern
Oskar Hergenhan, Longin Blümm, Hans Hahn, Anton Reichert, Benedikt Illig und
Florian Gensler ein herzliches Willkommen und ehrte sie mit einem Geschenk. In
seinem Rückblick auf die Vereinsgeschichte bezeichnete er den Bau des Turnerheimes
als den stolzesten Erfolg, der nur durch größte Opferbereitschaft und uneigennützige
Gemeinschaftsarbeit mit bemerkenswert wenigen finanziellen Mitteln kurz nach
Beendigung des zweiten Weltkrieges und der Währungsreform verwirklicht werden
konnte. Der Jugend stellte er die verdienten Männer des Vereins als leuchtendes Beispiel
für Mut, Ausdauer, Verantwortung und Pflichtbewußtsein hin. Eine Reihe von
Mitgliedern wurde für besondere Verdienste ausgezeichnet. Mit stimmungsvollen
Weisen der Musikkapelle Mittelstreu und des Gesangvereins Unsleben sowie
hervorragenden Darbietungen der Rhönradriege aus Nordheim v. d. Rhön unter H. Grief
ging der harmonisch verlaufene Abend zu Ende. Zwar litt am folgenden Tag das Sportund
Waldfest auf dem Eiersberg unter ungünstiger Witterung, doch entschädigte dafür
ein festlicher Tanzabend im Turnerheim.
Die Vereinsgeschichte der letzten zehn Jahre
Die Generalversammlung vom 11. Januar 1964 stand im Zeichen des Abschieds vom
bisherigen langjährigen 1. Vorstand Otto Burkard, der aus persönlichen Gründen eine
Wiederwahl ablehnte. In Anbetracht seiner über 120-jährigen erfolgreichen Tätigkeit als
1. Vorstand wurde er unter dem Beifall der Versammlung zum Ehrenvorsitzenden
ernannt. Herausragendes Ereignis während seiner Amtszeit war der Bau des
Turnerheimes.
Es war nicht leicht, einen würdigen Nachfolger im Amt zu finden, auf den eine große
Verantwortung zukam. So verliefen die Vorstandswahlen mit besonderer Spannung.
Nach eingehenden Beratungen wurde Kletus Mack von der Generalversammlung zum
neuen 1. Vorstand gewählt. Schweren Herzens, aber im Bewußtsein dessen, daß der
TSV Mittelstreu weiterhin eine tatkräftige und entschlußfreudige
Führungspersönlichkeit benötigte, nahm er das vakante Amt an. 2. Vorsitzender wurde
Edgar Link, Kassier Günther Bauer, Hilfskassier Waldemar Blümm, Spartenleiter für
Fußball Alfred Burkard, Jugendleiter Walter Rüdiger, Schriftführer Herbert Schmitt.
Mit der Wahl von Kletus Mack taten die Mitglieder des TSV einen sehr guten Griff. Der
neue 1. Vorstand war vom ersten Tag an die treibende Kraft, der unermüdliche Motor, der
seinen Mitarbeitern nicht nur mit vielen neuen Ideen, sondern auch mit Pickel und Schaufel
voranging. Seine Bitte, ihn bei der nicht leichten Einarbeitung in das neue Aufgabengebiet
tatkräftig zu unterstützen, verhallte nicht ungehört. Zunächst wurde ein Ausschuß gegründet,
dem die Aufgabe zuteil wurde, den Wirtschaftsbetrieb im Turnerheim geordneter und
überschaubarer zu machen, sowie Verbesserungen, Neuanschaffungen und günstige
Einkaufsbedingungen vorzuschlagen und in die Tat umzusetzen. Erste Reparaturen am
Turnerheim standen an, weitere Turn- und Sportgeräte mußten angeschafft werden. Sofort
nach seiner Amtsübernahme setzte sich Kletus Mack auch für eine Verstärkung des
Turnbetriebes ein. Im Februar 1964 wurde der Trurnbetrieb für die Jugend wieder
aufgenommen. Wertvolle Anregungen für eine Aktivierung des sportlichen Geschehens
vermittelte der Gauausschuß des Rhön-Saale- Turngaues, der seinerzeit im Turnerheim
Mittelstreu eine Arbeitssitzung abhielt.
In der Mitgliederversammlung vom 7. März 1964 legte 1. Vorsitzender Kletus Mack ein
Bauprogramm für die Renovierungs- und Ausbauarbeiten am Turnerheim vor. Die
Mitglieder zeigten sich diesem Vorhaben gegenüber aufgeschlossen. Sie akzeptierten zu
diesem Zwecke eine Erhöhung der Beiträge. Man war sich darüber einig, daß das unter
großen Opfern ein Jahrzehnt zuvor errichtete Turnerheim in verschiedenen Punkten nicht
mehr den gesteigerten Ansprüchen genügte. Vor allem galt es, auch an die Schule zu denken,
die ihren Turn- und Sportunterricht in der Halle abhielt.
Dringend erforderlich waren bessere sanitäre Anlagen, die Erneuerung des Fußbodens, der
Ankauf weiterer Sportgerätschaften und der Einbau einer zentralen Heizungsanlage,
nachdem die beiden Einzelöfen im Saal mehr oder weniger nur ein Provisorium darstellten.
Mit diesen Maßnahmen, die dringlich waren und keinen Aufschub duldeten, wurde auch eine
Erweiterung des Turnerheimes an der Ostseite beschlossen, um im Anbau die Stühle und
Tische während des Turnbetriebes unterbringen zu können. Die bisherigen Toiletten sollten
nach dem Bauplan verschwinden und samt Dusch- und Umkleideraum rechts neben dem
Eingang neu angelegt werden. Der Kostenvoranschlag· ging von 73.500,DM aus, wobei
Eigenleistungen in Höhe von insgesamt 13.000,- DM eingeplant waren. Selbstverständlich
wurden Zuschüsse des Bayer. Landessportverbandes und des Bayer. Schuljugendverbandes
erwartet. In der Ausschußsitzung vom 7. August 1964 lagen die von Architekt Tenschert
(Bad Neustadt/Saale) gefertigten Baupläne vor.
Das Jahr 1964 war von fruchtbarer Aktivität gekennzeichnet. Zu den sportlichen
Veranstaltungen und dem Beginn der Umbauarbeiten und Renovierungsmaßnahmen kamen
neun Vorstandssitzungen und drei Mitgliederversammlungen. Die rege Vereinstätigkeit
wurde in der Generalversammlung vom 23. Januar 1965 besonders hervorgehoben und vor
allem mit Befriedigung festgestellt, daß nach dem Wiederaufleben des Turnbetriebes die
Turnjugend bereits beim Gauturnfest in Mellrichstadt und bei den Turnfesten in Uns leben
und Heustreu zum Teil recht gut abschneiden konnte. Die 1. Fußballmannschaft errang 1964
die Meisterschaft in der C-Klasse und stieg in die B-Klasse auf. Der in eigene Regie
übernommene Wirtschaftsbetrieb lief dank bereitwilliger Mitarbeit seitens der
Vereinsangehörigen einwandfrei. Um die Verantwortung für das Gedeihen des Vereins auf
breitere Basis zu stellen, wurde ein Ältestenrat, ein Bauausschuß und ein
Vergnügungsausschuß gegründet.
Im zeitigen Frühjahr 1965 ging man ans Werk. Die Bereitschaft der Mitglieder zu
freiwilligem Arbeitseinsatz war hervorragend. Es wurden mehrere Gruppen gebildet, die
trotz mancher Schwierigkeiten zuverlässig und flott arbeiteten. Bereits in der
Ausschußsitzung vorn 8. Mai 1965 konnte 1. Vorstand Kletus Mack feststellen, daß die
Seitenwände des Anbaues hochgemauert, das Dach gedeckt und die Fenster eingesetzt
waren. Der Innenausbau war in vollem Gange. Zum Ausgleich veranstaltete der TSV am 27.
Mai eine Wanderung nach Wechterswinkel, an der sich insgesamt 48 Personen beteiligten,
ferner ein gemütliches Beisammensein der gesamten Dorfgemeinschaft verbunden mit einem
Kinderfest am 30. Mai 1965. Die im Finanzierungsplan eingesetzten 3000 freiwilligen
Arbeitsstunden waren schon im Juni 1965 überschritten.
So brachte das Jahr 1965 den TSV Mittelstreu wieder ein gutes Stück voran.
In zehn Vorstandssitzungen und zwei Mitgliederversammlungen wurden die anstehenden
Probleme beraten. Aus dem sportlichen Bereich ist zu berichten, daß die 1.
Fußballmannschaft, ein Jahr zuvor Meister der C-Klasse, gegen den drohenden Abstieg aus
der B-Klasse kämpfte. Dagegen konnte die im Jahre 1965 aufgestellte Alte-Herren-Elf
schöne Erfolge verbuchen. Sie nahm an Pokalturnieren in Bastheim und Unterelsbach teil.
Der Turnbetrieb mußte während des Umbaues des Turnerheimes nur kurz unterbrochen
werden und verlief im übrigen sehr rege. In der Generalversammlung vorn 29. Januar 1966
berichtete 1. Vorstand Kletus Mack, daß der Verein für den Turnerheim-Erweiterungsbau
rund 80.000,- DM aufbringen mußte. Die Mitglieder leisteten 4500 freiwillige Arbeitsstunden
im Anschlage von rund 24.000,- DM. Die Umbauarbeiten wurden - noch im
Jahre 1965 - mit der Innenrenovierung und dem Einbau neuer Beleuchtungskörper
abgeschlossen. Der Außenverputz und die Gestaltung der Außenanlagen blieben dem Jahre
1966 vorbehalten. Der herzliche Dank des Vorstandes galt allen freiwilligen Helfern, den
Firmen, den Spendern und der Gemeinde für die vielseitig gewährte Unterstützung.
Nach der Neugestaltung des Turnerheimes wurde der schon lange gehegte Wunsch nach
einem neuen Sportplatz in unmittelbarer Nähe des Turnerheimes immer lauter. Ziel der
Überlegungen war ein komplettes Sportzentrum. Gespräche bezüglich des notwendigen
Grunderwerbs wurden eingeleitet. In der Vorstandssitzung vom 5. April 1966 konnte 1.
Vorstand Kletus Mack erfreut berichten, daß der Bayer. Landessportverband für das Jahr
1967 einen Zuschuß und außerdem ein Darlehen zugesagt hatte. Die Regierung von
Unterfranken gewährte ebenfalls ihre Unterstützung in Form eines Zuschusses und eines
Darlehens. Allerdings war eine Zwischenfinanzierung durch die örtliche Raiffeisenkasseunumgänglich.
Um der Parkplatznot bei den Tanzveranstaltungen im Turnerheim Herr zu
werden, wurde ein langjähriger Pachtvertrag mit einem Anlieger geschlossen.
Im sportlichen Bereich herrschte ein erfreulich reges Leben. Erstmals wurde auch am 28.
August 1966 ein Alte-Herren-Pokalturnier abgehalten. Zwischenzeitlich waren
Turnabteilungen für Mädchen und Frauen gebildet worden. Der Geräte-Fundus wurde
erweitert. Durch eine Mitgliederwerbung stieg die Zahl der Vereinsmitglieder auf 128 an.
Wenn auch die 1. Fußballmannschaft nach der Saison 1965/66 wieder die B-Klasse verlassen
mußte, so entschädigte dafür die Jugend mit einer guten Leistung in der Verbandsrunde. Am
Turnfest in Hollstadt und am Gauturnfest in Bischofsheim vertraten die Sportler des TSV
Mittelstreu ihren Verein mit beachtlichen Erfolgen. Unser TSV beteiligte sich ferner an der
Gründung einer Schülerfußballverbandsrunde mit den Vereinen Bastheim, Frikkenhausen,
Unterelsbach, Reyersbach und Unsleben.
Am 16. Juli 1967 veranstaltete der TSV Mittelstreu auf dem Sportplatz am Eiersberg sein
erstes Gemeindesportfest. Leichtathletische Mehrkämpfe für Schüler, Jugendliche, Aktive
und Alte Herren waren ausgeschrieben. Eine 100-MeterBahn sowie eine zweite
Weitsprunggrube waren hergerichtet worden. Schirmherr war Ehrenvorsitzender Otto
Burkard. Insgesamt 80 Vereinsmitglieder beteiligten sich an den Wettkämpfen, angefeuert
von vielen Zuschauern. 47 Mehrkampfabzeichen in Silber und drei in Gold konnten
verliehen werden. Das Gemeindesportfest wurde inzwischen zu einer festen Einrichtung im
sportlichen Geschehen des Vereins.
Im Sommer 1967 bauten die Mitglieder des TSV unter der Bühne des Turnerheimes eine
gemütlich eingerichtete, sehr geräumige Bar. fleißige Helfer erbrachten hierfür 700
freiwillige Arbeitsstunden. In der Vorstandssitzung vom 5. September 1967 konnte 1.
Vorsitzender Kletus Mack den Erwerb eines Grundstückes für die neue Sportplatzanlage
hinter dem Turnerheim bekanntgeben. Diese 8000 Quadratmeter Grundfläche reichten
jedoch nicht aus. Weitere 4000 Quadratmeter mußten dazugekauft werden. In der
Generalversammlung vom 20. Januar 1968 wurde ein Mitgliederstand von 178 festgestellt.
Erstmals beteiligte sich der TSV Mittelstreu im Fasching 1968 mit mehreren originellen
Wagen am großen Karnevalsumzug der MKG in Mellrichstadt. Der Kindermaskenzug unter
Verwendung dieser Faschingswagen zum Turnerheim am Rosenmontag war für den
karnevalistischen Nachwuchs der Gemeinde Mittelstreu ein besonderes Ereignis.
Um einen alten Brauch wieder aufleben zu lassen, errichteten die Männer des TSV am Vorabend
des 1. Mai 1968 vor dem Turnerheim einen schönen Maibaum (der allerdings am nächsten Tag
abgesägt am Boden lag und erneuert werden mußte).
Am 14. Juli 1968 vereinte ein Jugendwerbeturnier die Fußballmannschaften aus
Sondheim/Gr., Mellrichstadt, Rödelmaier, Herschfeld, Waltershausen und Mittelstreu. Mit
dem erneuten Wiederaufstieg in die B-Klasse nach zweijähriger C-Klassenzugehörigkeit
gelang der 1. Fußballmannschaft des TSV ein schöner Erfolg.
Die Generalversammlung vom 11. Januar 1969 nahm befriedigt von einem regen
Sportbetrieb im Verein Kenntnis. Besonders erwähnt wurden weitere 150 freiwillige
Arbeitsstunden, die für die Renovierung des Friesenzimmers (Wirt5chaftsraum im 1. Stock
des Turnerheimes) geleistet wurden. Der Raum erhielt eine neue Holzdecke, einen großen
Pokalschrank und neue Beleuchtungskörper.
In der Zwischenzeit war die Vorstandschaft in Sachen Sportplatzbau eifrig tätig gewesen.
Mit einem Vertreter des Bayer. Landesportverbandes wurde der von Architekt Dipl.Ing.
Wiesner (Bad Neustadt/Saale) ausgearbeitete Plan besprochen. Die Zuschußmöglichkeiten
standen im Mittelpunkt der Beratungen. Von Anfang an bestand Klarheit darüber, daß es
wiederum nicht ohne erhebliche Eigenleistungen gehen werde. Nach dem ersten
Kostenvoranschlag mußte für die Gesamtmaßnahme einschließlich einer Kegelbahn mit
500.000,- DM gerechnet werden. Die Mitgliederversammlung vom 6. Dezember 1969
beschloß nach eingehender Diskussion endgültig den Bau des neuen Sportplatzes, verbunden
mit der Errichtun2: einer 100-Meter-Bahn. eines zusätzlichen Allwetterplatzes der
Erweiterung des Turnerheimes einschließlich Bau eines großen Geräteraumes, der
erforderlichen Umkleideräume und Duschen sowie einer zweibahnigen Kegelbahn mit
dazugehörigem Wirtschaftsraum.
Der Rückblick auf das Jahr 1969 in der Generalversammlung vom 17. Januar 1970 zeichnete
neben einem erfreulich guten Sportbetrieb auch in gesellschaftlicher' Hinsicht beachtliche
Erfolge auf. Regelmäßige Tanzveranstaltungen erfreuen sich bis zum heutigen Tag in
weitem Umkreis größter Beliebtheit. Der Dorfgemeinschaftsabend des TSV in der
Faschingszeit fand begeisterten Zuspruch. Auch er wurde zum festen Bestandteil im
Jahresprogramm des Vereins. In seinen Dank an alle Sportlerinnen und Sportler schloß 1.
Vorstand Kletus Mack vor allem die vielen freiwilligen Helfer ein, die sich bei den
Veranstaltungen uneigennützig in den Dienst des TSV stellten und für einen reibungslosen
Ablauf des umfangreichen Wirtschaftsbetriebes Sorge trugen. Trotz des bevorstehenden
Arbeits-Großeinsatzes legten die Mitglieder keine Pause ein, sondern erbrachten im Jahre
1969 weitere 1100 freiwillige Arbeitsstunden für verschiedene Erneuerungsarbeiten am
Turnerheim. Der Trend in der 1. Fußballmannschaft zu wechselhaften Erfolgen hielt an.
Wenn zu wiederholten Malen dem Abstieg aus der B-Klasse der postwendende
Wiederaufstieg folgte, so kann dies bestimmt nicht als schlechtes Omen bezeichnet werden.
Im Jahre 1970 erfolgte eine weitere bauliche Erweiterung des Turnerheimes. Ein
Geräteraum-Anbau an der Westseite zum Bahnkörper hin war erforderlich, der Saal eJ:1hielt
eine neue Decke und wurde renoviert. Die Arbeiten konnten in kürzester Zeit durchgeführt
werden und verlangten den Mitgliedern wieder 830 freiwillige Arbeitsstunden ab.
Die Generalversammlung vom 13. März 1971 konnte sich von einer starken
Mitgliederzunahme überzeugen. Laut Bestandserhebung gehörten damals dem TSV
Mittelstreu 197 Personen (davon 41 weibliche) an. Damit lag der Verein im (ehemaligen)
Landkreis Mellrichstadt an der Mitgliederzahl gemessen hinter Mellrichstadt und Ostheim v.
d. Rhön an dritter Stelle, im Verhältnis zur Einwohnerzahl sogar an erster Stelle.
Zu den bisher erworbenen Grundstücken konnte im Jahre 1971 eine weitere Grundfläche von 600 Quadratmetern dazugekauft werden. Für die Sportplatzanlage genehmigte der Bayer. Landessportverband einen Zuschuß und ein Darlehen aus Staatsmitteln. Verhandlungen mit der Bundeswehr und der US-Army wegen Durchführung der Planierungsarbeiten verliefen nach längeren Verhandlungen leider negativ. Mit den Erdbewegungsarbeiten wurde schließlich die Fa. Johannes (Braidbach) beauftragt, die bereits im Herbst 1971 ihre Maschinen erstmals zum Einsatz brachte. Trotz der Fülle der anstehenden Arbeiten erfuhr der sportliche Betrieb im Jahre 1971 kaum Einschränkungen. Die Trainingsabende waren durchwegs gut besucht. Turngeräte im Werte von ca. 3000,- DM wurden angeschafft, für die der Bayer. Landessportverband einen Zuschuß gewährte. Der TSV Mittelstreu war beim Gauturnfest in Bischofsheim und beim Turnfest in Mühlfeld vertreten. Die Mitgliederzahl stieg im Jahre 1971 auf 203. Damit gehörte nahezu jeder dritte Einwohner der Gemeinde dem TSV an. In Bezug auf die neue Sportplatzanlage hielt die Vereinschronik fest, daß insgesamt 44.700,DM für den Grunderwerb aufgebracht werden mußten. Das Jahr 1972 brachte für die 1. Fußballmannschaft den Wiederaufstieg in die B-Klasse. Die Jugendmannschaft, deren Spieler-Reservoir stark zusammengeschrumpft war, gründete mit dem TSV Unsleben eine Spielergemeinschaft. Die Schülerelf zeigte in ihrer Gruppe zufriedenstellende Leistungen. Die Trainingsstunden in allen Sparten wurden regelmäßig fortgeführt.
Für das Jahr 1973 stand eigentlich das 60-jährige Stiftungsfest des TSV Mittelstreu an. Die
Vorstandschaft kam im Einvernehmen mit den Mitgliedern überein, dieses Jubiläum in
Verbindung mit der Übergabe der neuen Sportplatzanlage zu einem späteren Zeitpunkt
nachzuholen. In der Generalvers1ammlung vom 27. Januar 1973 gab 1. Vorsitzender Kletus
Mack seiner Anerkennung für die von den Mitgliedern im Jahre 1972 geleisteten 5000
,freiwilligen Arbeitsstunden beim Bau der 16 000 Quadratmeter großen Sportplatzanlage, der
Erweiterung des Turnerheimes und den Bau der Bundeskegelbahn Ausdruck. Sein
besonderer Dank galt wiederum den für den Wirtschaftsbetrieb verantwortlichen Personen.
In seiner Eigenschaft als 1. Bürgermeister der Gemeinde Mittelstreu stellte er auch mit
Befriedigung fest, daß man sich angesichts eines solchen Zusammenhalts keine Sorgen um
die dörfliche Gemeinschaft nach der Gebietsreform zu machen brauche. '
Das Jahr 1973 brachte die Vollendung des ersten Bauabschnitts der Sportplatzanlage und die
Fertigstellung des Turnhallenerweiterungsbaues. Anfang November 1973 wurde ohne
offizielle Feierlichkeiten mit der modernen Kegelbahn ein Teil der neuen Sportanlage in
Betrieb genommen. Der Vorplatz des Erweiterungsbaues war gepflastert und geteert. Als am
17. November 1971 freiwillige Helfer des TSV sich anschickten, am angrenzenden
Bahndamm die Hecken zu roden und damit den großen gemeinsamen Arbeitseinsatz
begannen, dachte wohl niemand daran, daß fast auf den Tag genau zwei Jahre später bereits
die Kugeln in der neuen Kegelbahn rollen und Sportkegler aus dem gesamten Bundesgebiet
eifrig dabei sein würden, in fairem Wettkampf das Sportabzeichen zu erringen. Doch wie
viel Mühe und Schweiß ermöglichte erst diesen schönen Erfolg! Wenn andere ihre
Tagesarbeit hinter sich hatten und ihren Feierabend genossen, wurde es an der Großbaustelle
"TSV-Sportanlage" lebendig. 1. Vorstand Kletus Mack an der Spitze der Arbeitskommandos
gab seinen Männern ein leuchtendes Beispiel und spornte sie durch selbstlosen Einsatz an.
Ohne die große Leistung der Vereinsrnitglieder in ihrer Gesamtheit zu schmälern, muß die
Chronik festhalten, daß die neuen Sportanlagen am Turnerheim und der gewaltige
Aufschwung des TSV Mittelstreu untrennbar mit dem Namen Kletus Mack verbunden
bleiben. An seiner Seite wirkten mit Sachkenntnis und Umsicht 2. Vorsitzender Edgar Link.
Stellvertretend für die vielen freiwilligen Helfer seien die "hauseigenen" Betriebsmaurer
Benno Straub und Edmund Geiß genannt, ohne deren fachliches Können viele
Eigenleistungen nicht möglich gewesen wären. Oft brannten die Lichter an der Baustelle bis
in die Nacht hinein und ohne die vielen Samstagsschichten wären niemals die 11.000
freiwilligen Arbeitsstunden, die in den Arbeitsbüchern festgehalten sind,
zusammengekommen. Beachtlich sind auch die vielen unentgeltlichen Fuhrleistungen.
Der Anbau am Turnerheim beinhaltet zwei vollautomatische Kegelbahnen, die vom
Deutschen Keglerbund abgenommen wurden. Hervorragend gelungen ist der gemütliche
Gastraum im altdeutschen Stil, der zugleich als Vor- und Aufenthaltsraum für die
Keglergruppen und als gemütlicher Wirtschaftsraum dient. Dankbar begrüßt von den
Sportlern werden die insgesamt acht Duschen in den beiden Umkleideräumen. Für den
Schiedsrichter steht ein eigener Umkleideraum zur Verfügung. Moderne sanitäre Anlagen,
Heiz- und Tankraum für die 01zentralheizungsanlage runden die Einrichtung des
wohlgelungenen Anbaues ab. Noch im Jahre 1973 wurde der Sportplatz mit
strapazierfähigem Rasen angesät und die Außenanlagen mit verschiedenen Ziersträuchern
bepflanzt. Eine Flutlichtanlage mit vier Masten spendet ausgewogene Beleuchtung. Im
Frühjahr 1974 wurden der Hartplatz und die 100-Meter-Bahn fertiggestellt und die
notwendigen Abschlußarbeiten durchgeführt. Unter Einschluß der erheblichen
Eigenleistungen kostete die gesamte Baumaßnahme runde 650.000,- DM.
Zum Gedenken an die Opfer der Kriege entstand inmitten der neuen Sportplatzanlage
ein schlichtes, aber würdiges Mahnmal.
Mit der neuen Anlage hat der TSV Mittelstreu nicht nur ein jahrelang angestrebtes Ziel
erreicht, sondern auch einen großen sportlichen und kulturellen Erfolg. Natürlich ist
damit die große Verpflichtung verbunden, die schöne Sportstätte für die Jugend zu
erhalten und sie in gezielter Breitenarbeit ihrem ureigensten Zweck zuzuführen, der
körperlichen Ertüchtigung des Menschen in fairem Wettkampf und im Geiste
brüderlicher Kameradschaft. Daß dies gelingt, ist der Wunsch all der vielen freiwilligen
Helfer, die mit ihrer Hände Fleiß zum guten Gelingen beitrugen.
Bei aller Freude über die Indienststellung des neuen Sportgeländes am Turnerheim
werden jedoch die Mittelstreuer ihren alten Sportplatz auf dem Eiersberg, der in
landschaftlich reizvoller Umgebung gelegen mehrere Jahrzehnte als Austragungsort
vieler interessanter Spiele und sportlicher Wettkämpfe diente, in angenehmer
Erinnerung behalten.
Dieser kurze Rückblick in die Geschichte des Turn- und Sportvereins Mittelstreu soll
der Jugend in groben Zügen die Entwicklung des sportlichen Geschehens in der
Gemeinde aufzeigen. Sicherlich werden diese Zeilen auch bei vielen älteren
Vereinsmitgliedern manche Erinnerung an vergangene Zeiten wachrufen. Wohl wäre
noch manches andere zu berichten gewesen, doch hätten größere Ausführungen den
Rahmen einer Festschrift gesprengt. Als Unterlagen dienten die Protokollbücher und
verschiedene Aufzeichnungen. Für erläuternde Hinweise durch ältere Vereinsmitglieder
und die Vorstandschaft sei herzlich gedankt.
Das Geleitwort, das der damalige Schriftführer Herbert Schmitt nach dem 50-jährigen
Stiftungsfest auf die Titelseite des zweiten Bandes des Protokollbuches schrieb, soll
diese Ausführungen beschließen:
"Neben Leid, Enttäuschung und Not hat der Verein auch glanzvolle und glückliche Tage
erlebt, Jahre und Tage, in denen im Geiste des Turnvaters Jahn verdienstvolle
Leistungen in der Jugenderziehung und Körperertüchtigung vollbracht wurden. Mit dem
Dank an alle diejenigen, die sich der gemeinnützigen Sache so selbstlos und
einsatzfreudig gewidmet haben, soll verbunden sein die dringende Bitte an alle
künftigen verantwortlichen Kräfte, das aufgebaute Werk weiterzuführen, um mit ebenso
großem Erfolg weitere Jahrzehnte im TSV Mittelstreu zum Wohle der Jugend zu
wirken."

Mittelstreu, Mai 1974
Egon Klör
Die Gründungsmitglieder des TSV Mittelstreu
Oskar Hergenhan
Leopold Hoch
Benedikt Illig
Adelbert May
Albert Blümm
Linus Geiling
Philipp Burkard
Karl Hahn
Anton Hoch
Florian Gensler
Florian Blümm
Adolf Euring
Michael Seuffert
Adolf Hoch
Augustin Adam
Raimund Gensler
Longin Blümm
Vitus Gensler
Anton Reichert
Valtin Blümm
Eduard Büttner
Johann Hahn
Joseph Hahn